Fusion der Kulturen

Bei Sushi geht es um Technik, Details und Perfektion. Österreichisches Alpensushi erweitert das traditionelle japanische Gericht um Krea­tivität und regionale Produkte aus der Heimat.

Text: Barbara Kluibenschädl

In der österreichischen Küche ist Regionalität ein zentraler Wert, und dennoch wurden für Sushi lange Zeit Zutaten aus aller Welt importiert, weiß der Salzburger Sushiexperte Alex Neumayer, der gemeinsam mit seiner Frau Angkana Neumayer österreichweit Sushi-Showkochabende für Hotels und Sushikurse für Gastronomen anbietet. Dabei wäre das gar nicht notwendig. „Wir leben landwirtschaftlich gesehen in einer der reichsten Regionen der Welt. Wir haben vier Jahreszeiten und damit eine Vielfalt an Produkten“, erklärt der Salzburger. Vor diesem Hintergrund haben die beiden gemeinsam das Konzept des Alpensushis entwickelt und etabliert, das sich durch die Verwendung regionaler und saisonaler Zutaten auszeichnet.

Startschuss für die Idee war ein Sushi-Showkochen in Kitzbühel vor sieben Jahren. „Wir wollten die Gäste mit etwas Neuem überraschen. Das normale Sushi kannten ja alle schon“, erinnert sich Alex Neumayer. Die Idee, Sushi mit heimischen saisonalen Zutaten zuzubereiten, stieß auf große Resonanz und ebnete den Weg für das Alpensushi-Konzept. Mittlerweile hat das Ehepaar mit „AlpenZushi“ und „Heimatsushi“ zwei Bücher zum Thema veröffentlicht. Vor allem das zweite, das sich mit veganem und vegetarischem Sushi beschäftigt, findet großen Anklang.  

Regionales aus der Saison

Alpensushi zeichnet sich durch die Verwendung von frischen regionalen Zutaten aus dem Bereich nördlich und südlich des Alpenhauptkamms aus, die je nach Jahreszeit variieren. „Im Frühjahr werden beispielsweise Blüten und Frühlingsgemüse und -obst wie Radieschen und Erdbeeren verwendet, während im Sommer Steinobst, Pilze wie Pfifferlinge und Steinpilze und Sommergemüse dominieren. Im Herbst kommen Kürbisse zum Einsatz, während im Winter eingelagertes Gemüse wie Sellerie, Pastinaken und Trockenfrüchte verwendet werden“, erklärt Alex Neumayer. Auch regionaler Fisch und Fleisch finden Verwendung, etwa für ein Sushi mit Rindercarpaccio. 

Neben Reiswein, Algenblättern und dem Reis selbst, der aus Italien kommt, beziehen die Neumayers alle Produkte vom Salzburger Grünmarkt, von Gasteiner Biobauern und anderen lokalen Lieferanten, um die Frische und Qualität ihrer Kreationen zu garantieren. „Bevor wir neue Sushi kreieren, schauen wir immer, welche Produkte wir frisch bekommen. Erst dann beginnen wir zu kombinieren“, erklärt Alex Neumayer.

Alpensushi ist aber nicht nur eine Frage der Zutaten, sondern auch der Kreativität. „Japaner sind sehr puristisch und konservativ, wenn es um die Zubereitung von Sushi geht“, weiß Neumayer. In anderen Ländern würde weit mehr mit Variationen gespielt und neue kreative Varianten erfunden. Das Ehepaar experimentiert nicht nur mit verschiedenen Geschmackskombinationen, sondern auch mit Texturen von knusprig bis zart und bietet eine Vielzahl von Sushivarianten an, darunter kaltes Sushi, warmes Sushi (frittiert in Tempurateig mit Kürbis- und Sonnenblumenkernen), kalt-warmes Sushi und sogar Dessertsushi. 

Pfifferling Maki

Qualität und Technik

Im Mittelpunkt eines jeden guten Sushis steht die Qualität des Grundprodukts Reis. „Qualitative Frischezutaten können einen schlechten Sushireis nicht wettmachen“, weiß der Experte. Neben der fachgerechten Zubereitung kommt es dann auch auf die Technik beim Rollen an. „Der Sushireis darf am Ende nur so fest sein, dass er bis zum Mund seine Form behält, dort aber bei leichtem Druck auf den Gaumen zerfällt“, beschreibt Alex Neumayer. 

Neben dem Reis wird für bestimmte Arten von Sushi, wie zum Beispiel Maki Sushi, auch eine Umhüllung benötigt. Traditionell kommen dafür Algenblätter, bekannt als Nori-Blätter, zum Einsatz. „In Österreich gibt es nicht viele Menschen, die vom Algengeschmack begeistert sind, und trotzdem wird es überall verwendet, weil es kein anderes Material gibt, mit dem man so schnell und einfach eine Rolle machen kann. Textur und Handhabung sind sehr angenehm“, erklärt Alex Neumayer. Für Alpensushi können aber auch Mangoldblätter, Eierpalatschinken oder Speck verwendet werden. 

Eine runde Sache

Eine weitere wichtige Komponente von Sushi ist die Schärfe, die die anderen Geschmackskomponenten besser zur Geltung bringt. „In Japan wird ursprünglich Wasabi verwendet. Man kann aber genauso fein geriebenen Kren verwenden“, erklärt der Sushiexperte. Außerdem gehöre Wasabi auch nicht bei jedem Sushi dazu. „Wenn eine Art von Sushi eine leichte Schärfe verlangt, gibt der Sushichef die passende Schärfe bereits auf das Sushi.“ Das beigestellte Wasabi ist zum Nachwürzen gedacht.

Auch der traditionell eingelegte Ingwer wird beim Alpensushi durch regionale Produkte wie süß-sauer eingelegte Radieschen ersetzt. Diese werden zwischen den verschiedenen Sorten Sushi gegessen, um die Geschmackspalette zu neutralisieren. 

Traditionellerweise wird Sushi in Sojasoße gedippt. „Wir bieten zum Alpensushi verschiedene Dipsoßen an, die die jeweilige Kreation um eine Komponente erweitern“, erklärt Alex Neumayer. Das kann etwa ein Schnittlauch-Soja-Zitrus-, ein Orangen-Teriyaki- oder ein Chili-Honig-Dip sein. 

Je nach Variation, ob deftiger oder leichter, bietet sich dann auch eine andere Getränkebegleitung an. „In Japan wird oft grüner Tee dazu getrunken“, erklärt der Sushiexperte. Bei Abendveranstaltungen in Österreich sei man aber eher eine alkoholische Begleitung gewohnt, weiß Neumayer. Daher würde sich vor allem Bier anbieten, das mit seinem herben Geschmack die meist säuerlich-süße Geschmacksnote von Sushi optimal ergänze. Auch Wein rundet die japanische Reisspezialität gut ab. „Nur süße Limonaden passen überhaupt nicht zu dem Gericht“, erklärt Alex Neumayer.  

Kreativität ohne Ende

Wer das Grundhandwerk der Sushizubereitung beherrscht, dem sind bei Sushi-kreationen kaum Grenzen gesetzt. „Was für einen Koch in der normalen Küche zusammenpasst, passt auch in einer Sushikreation zusammen“, weiß Alex Neumayer. Wer die Grundregeln, wie etwa kein Öl im Reis und keine zu wasserhaltigen Füllungen, beachtet, der kann seiner Kreativität freien Lauf lassen.

So isst man Sushi richtig

  • Das Sushi wird nicht mit der Reisseite eingetaucht – bei Nigiri Sushi mit der Belagseite, bei gerolltem Sushi mit der kurzen Seite des Algenblatts. Der Reis saugt zu viel Soße auf und der Geschmack der teuren Zutaten geht verloren.
  • Wer Wasabi mag, nimmt eine kleine Menge mit einem Stäbchen auf, dann das Sushi mit beiden Stäbchen und taucht es in die Soße. Das Wasabi wird nicht in die Soße eingerührt.
  • Das Sushi wird mit der geschmacklich interessanteren Seite auf die Zunge gebracht. Bei einem mit Fisch belegten Nigiri Sushi wird der Fisch zuerst auf die Zunge gelegt, damit er geschmacklich im Vordergrund steht.
  • Dekorierte Maki-Rollen werden mit der schmalen Seite in die Soße getaucht und gerade zum Mund geführt.

© Alex Neumayer

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