Hohe Qualität, das ganze Jahr über: In der Region Schladming-Dachstein will man sich von den klassischen Haupt- und Nebensaisonzeiten lösen.
Insights hat Andreas Keinprecht besucht, Hotelier, Gastronom und Vorsitzender des Tourismusverbandes.

Andreas Keinprecht ist ein vielbeschäftigter Mann. Erst vor wenigen Tagen fegte das Night Race zum 28. Mal über die Planai, 45.000 Skifans kamen dafür ins Ennstal. Zudem wurde jüngst eine tiefgehende Wertschöpfungsstudie zur Alpinen Ski-WM 2013 in Schladming veröffentlicht. Als Vorsitzender des Tourismusverbandes Schladming-Dachstein, ist Keinprecht dazu medial gefragter Ansprechpartner und Studiogast, bei Ennstal TV wie ORF.
Im Brotberuf schupft der 52-Jährige mit seiner Frau Natascha, seinem Bruder Siegfried und dessen Frau Karin unter der Dachmarke „Keinprecht Hotels“ insgesamt elf Betriebe mit knapp 100 Mitarbeiter:innen – vom Boutique Hotel im Stadtzentrum, über Restaurants und Après Ski, bis zum Jugendgästehaus am Galsterberg.
Große, weite Welt
Wie so oft der Erfolgsfall, hat auch Andreas Keinprecht, in Pichl bei Schladming aufgewachsen, erst einen ganzen Strauß an Erfahrungen im Ausland gesammelt, bevor er in der alten Heimat seinen ersten Betrieb aufsperrte. Er war in den USA, Russland und der Schweiz im Einsatz, unter anderem für die Flusskreuzfahrer „Viking River Cruises“. Am Ende war er für deren sieben Schiffe in Russland und der Ukraine verantworlich.
Nach der Geburt seiner ersten Tochter, zog es Keinprecht zurück nach Schladming.
2007 tat sich dann die Option auf, einen Pachtbetrieb zu übernehmen. Durch Zufall und Glück kamen in den folgenden Jahren weitere Gaststätten hinzu. In Union mit den Betrieben des Bruders wuchsen Keinprecht Hotels schnell zu einer lokalen Größe heran.
Ganzjahresdestination
Ziel der Schladminger Touristiker ist es, den Fokus vom traditionellen Sommer- und Winter-Zinnober auf die Nebensaison auszuweiten. „4 / 300“ lautet hier die Zauberformel: Schladming-Dachstein als Ganzjahresdestination, mit Angeboten für alle vier Jahreszeiten, bei rund 300 Betriebstagen.
Laut bereits erwähnter, vom TVB beauftragter Studie ist die Region auf einem guten Weg dorthin.
Der wirtschaftliche Impuls, was durch den Tourismus erwirtschaftet wurde, sei seit der WM 2013 um 74 Prozent gesteigert worden, liege für 2024 bei 1,27 Miliarden Euro. Die Zahl der Nächtigungen ist von rund 2,8 Millionen im Jahr 2013 auf 3,9 Millionen gestiegen – obwohl bei rund 30.000 Gästebetten seitdem nur etwa 1.700 hinzu gekommen sind. Sommer, auch Frühling und Herbst sind dabei entscheidend gewachsen – was natürlich nur über ein entsprechend gestaltetes, den Jahreszeiten angepasstes Angebot funktioniert.
Kongresse, Wandern, Radfahren, Klettern und Kulinarik bilden die Eckpfeiler. Für letztere hat man sich mit Richard Rauch (Geschwister Rauch / Steira Wirt) gewissermaßen den Anchorman der steirischen Spitzenküche ins Boot geholt. Unter dem Titel „Almkulinarik“ hat Rauch mit Wanderhütten rundum Schladming erstklassige Gerichte entwickelt – von den „Alpen Carbonara“ auf der Weitmoosalm bis zur „Fasanenbrust im Speckmantel“ auf der Schnepf’n Alm der Keinprechts.
Insgesamt wolle man für die Region „regional geprägten, verantwortunsgbewussten Qualitätstourismus“.
Nicht unbedingt im Sinne von glitzerndem Luxus à la Kitzbühel, vielmehr wolle man „sportlich und familiär“ bleiben, so Andreas Keinprecht. „Der Qualitätsfilter wird bei all unseren Entscheidungen, allen Entwicklungen angewandt. Das geht vom Zustand der Radwege bis zur Nachhaltigkeit unserer großen Initiativen.“
Es lande vieles „auf der Rüttelplatte“, ob es dennnoch zu den jüngst gemeinsam mit politischen Repräsentanten der Gegend nachgeschärften und neu definierten Leitsätzen der Tourismusregion passt. Große Events wie Night Race, Dachsteinlauf und der Weltcup im Skibergsteigen bleiben wichtige Bausteine, um Bekanntheit und Identität der Marke Schladming-Dachstein international zu festigen.


Herausforderungen
„Was sich leider nicht wegleugnen lässt, ist der Fachkräftemangel in unserer Branche“, sagt Andreas Keinprecht. Jammern bringt wie immer nichts – vielmehr seien die Betriebe „in der Pflicht, den Mitarbeitern entsprechend etwas zu bieten“. Über sein „Employer Branding“ bietet der TVB Schladming-Dachstein eine Reihe von Zuckerln wie vergünstigte Liftkarten und Bustickets, auch mit kleinen, sportlichen Freizeitevents will man das Personal im Ennstal halten. Über die Aufwertung der Nebensaison sei mittelfristig auch das Ziel, möglichst viele Jahresanstellungen zu ermöglichen. Bei Keinprecht Hotels wächst die Zahl der ganzjährig Beschäftigten stetig, derzeit machen sie rund ein Viertel der Belegschaft aus.
Ziemlich eingeschlagen hat zudem die brandneue Initiative „Senior Talents“. Im Rahmen derer vernetzt der TVB die Betriebe mit Pensionist:innen, die sich noch aktiv im Arbeitsleben einbringen wollen.
Auf der einen Seite werde so der Mangel an Fackräften abgefedert und Lücken durch erfahrene Arbeitskräfte geschlossen, auf der anderen der Wunsch nach sinnvoller Beschäftigung, sozialer Teilhabe und zusätzlichem Einkommen bedient.
Die nicht eben einfache Wirtschaftslage spürt man in Schladming wie anderswo auch. „Die Gäste sparen schon, das merkt man natürlich“, so Keinprecht. Zwar habe Urlaub allgemein immer noch einen sehr hohen Stellenwert, aber die Aufenthaltsdauer schrumpfe von der klassischen Woche mitunter auf drei, vier Tage. Stammgäste kämen manchmal zweimal pro Jahr, aber eben jeweils nur für ein paar Tage. Oft wird außerdem kurzfristiger gebucht als früher. Beides macht die Planbarkeit naturgemäß nicht einfacher. Aber da müsse man jetzt eben mitgehen, sich diesen Herausforderungen stellen. Immerhin lieferten die inzwischen nicht mehr ganz neuen Medien auch die Möglichkeit, durch präzise Werbemaßnahmen schnell auf veränderte Situationen zu reagieren. Dass das Internet stellenweise größtmögliche Empörung befördert, auch Austragungsort eines gewissen „Tourismus-bashing“ ist, gehöre leider dazu.
Ausgezeichnet
Die Impulse und konzertierten Entwicklungen im Ennstal zeigen Wirkung. 2023 wurde Schladming von der United Nations World Tourism Organization für sein Engagement im nachhaltigem Umgang mit Land und Leuten, kultureller Vielfalt, lokalen (kulinarischen) Traditionen und für seine Innovationsbereitschaft ausgezeichnet, in die Liste der „Best Tourism Villages“ aufgenommen.
Schladming-Dachstein ist offizielle „AMA Genuss Region“. Gastbetriebe werden ermuntert, „Genusspartner“ zu werden und damit verstärkt mit regionalen Lebensmittelproduzenten zu kooperieren.
Außerdem wird versucht, Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe zu motivieren, durch umweltfreundliche Maßnahmen das Österreichische Umweltzeichen zu erlangen. „Grüne Anreise“ per Bahn, Mobilität via Öffis vor Ort – für eine wachsende Zahl von Gästen entwickeln sich solche Angebote vom zusätzlichen Anreiz hin zur wichtigen Entscheidungsgrundlage, wohin die Urlaubsreise am Ende gehen wird.
Andreas Keinprecht
In Pichl bei Schladming aufgewachsen, zog es Andreas Keinprecht erst einmal in die weite Welt hinaus, in die USA, nach Russland und in die Schweiz – bevor er 2007 ins Ennstal zurückkehrte, dort seinen ersten Pachtbetrieb übernahm.
In den folgenden Jahren wuchsen die Unternehmungen rasant zur Marke „Keinprecht Hotels“ heran. Gemeinsam mit seinem Bruder Siegfried hat er Restaurants, Apartments, Boutique Hotel, Hüttendorf, Jugendgästehaus und Après-Ski-Hütten im Sortiment. Andreas Keinprecht lebt mit seiner Frau Natascha in Schladming. Die beiden haben zwei Töchter, 23 und 25 Jahre alt.

© Autor & Fotograf: Michael Rathmayr