Im Interview erzählt Bernd Staber, Barchef im legendären Stanglwirt, von seinem Werdegang, seiner Liebe zum Whiskey und von Trends, die uns noch das ein oder andere Jahr begleiten werden.
Welcher Weg führt einen zum Posten des Barchefs im legendären Stanglwirt?
Es war ein sehr spannender Weg, kann ich sagen.
Ich bin in einem Gasthaus aufgewachsen. Ich kenne nichts anderes als die Gastronomie.
Natürlich machte ich dann die Hotelfachschule, bin beim Intercontinental bei uns gleich um die Ecke als Saisonnier untergekommen, wo ich nach der Bundeswehr gleich an der Bar anfangen durfte.
Es war ein super 5-Sterne-Haus mit einer wirklich tollen Barchefin. Ich konnte dort sehr viel lernen.
Seither bin ich an der Bar hängen geblieben. Darüber bin ich sehr froh.
Ich kann mir keinen besseren Job vorstellen. Wenn du einmal hinter der Bar arbeitest, möchtest du im Gastronomiebereich gar nirgends anders mehr arbeiten.
An die Bar kommen in der Regel nämlich immer glückliche Menschen.
Wie ging es dann weiter?
Mit 21 kam ich auf ein Kreuzfahrtschiff.
Das war der nächste Glückstreffer. Damals musste man noch darum kämpfen.
Auch aus dieser Zeit konnte ich sehr viel mitnehmen. Ich hab nicht nur viel von der Welt gesehen, sondern eben auch viele Bars besuchen dürfen. Das mache ich übrigens bis heute: Wenn ich irgendwo bin, schau ich mir Bars und Brennereien an.
Ich liebe Whiskey.
Ist die Liebe zum Whiskey auf dem Schiff entstanden?
Nein, so richtig erst in meiner Zeit in Schottland.
Nach dem Schiff kam ich für einen Winter nach Österreich zurück, hab dann einen Sommer auf Sardinien verbracht und bin von dort aus nach London weitergezogen.
Ich durfte dort in einem hochkarätigen französischen Hotel arbeiten, das auf Cocktails und Spirituosen spezialisiert war. Die haben uns um die ganze Welt geschickt: Ich besuchte einen Weinkurs in Argentinien oder einen Zigarrenkurs auf Kuba. Das war unglaublich toll.
Dann bin ich nach Schottland gezogen, wo ich sechs Jahre lang gearbeitet und gelebt hab.
Ich lernte dort alles, was ich über Whiskey lernen konnte. Nach sechs Jahren kann man den Nieselregen aber nicht mehr sehen und zieht ins schöne Österreich zurück.
Und dann war zufällig die Stelle als Bar-Chef im Stanglwirt vakant?
(lacht) Nein, die Stelle ist natürlich sehr begehrt und nicht so oft frei. Ich habe eigentlich in Kitzbühel gearbeitet. Und bekam dann über einen gemeinsamen Freund von Johannes Hauser, dem Juniorchef des Hauses, Wind von der Bar im Stanglwirt und bin vor acht Jahren hier angedockt.
Welchen Stellenwert haben Getränke in ihren Augen heutzutage in der Gastronomie?
Im Laufe meiner mittlerweile 20-jährigen Karriere habe ich festgestellt, dass der Stellenwert immer wichtiger geworden ist. Ein paar Säfte zusammenzumischen und das alles mit einem Schirmchen zu schmücken reicht schon lange nicht mehr aus, um die Kunden zufrieden zu stellen.
Heutzutage hat die Kundschaft viel mehr Ahnung. Man reist viel mehr und bekommt über die sozialen Medien viel mehr mit. Trends brauchten früher Monate, manchmal sogar Jahre, bis sie zu uns rübergeschwappt sind. Heutzutage geht es manchmal fast um Minuten.
Welcher Trend hat ihnen zuletzt große Freude bereitet?
Vor der Pandemie gab es diesen unglaublichen Gin-Boom. Plötzlich hat jeder Gin getrunken.
Das hat der Bar sehr viel gebracht, kann ich im Nachhinein sagen. Barkeeper waren plötzlich gezwungen, sich mit Cocktails auseinanderzusetzen, die sie vorher nicht kannten.
Gin erlang einen viel höheren Stellenwert. Während es früher maximal einen Bombay und Gordons hinter der Bar gab, finden sich heute wesentlich mehr Gin-Sorten in einem guten Haus.
Hat die Pandemie sonst noch Veränderungen gebracht?
Tatsächlich sind in der Zeit alkoholfreie Spirituosen in unsere Welt eingezogen.
Alkoholfreie Cocktails haben mittlerweile den gleichen Stellenwert wie ein Manhattan oder ein Martini.
Leute bestellen das zum Essen oder als Aperitif.
Es wird auf Gesundheit geachtet und auf Alkohol und Kalorien eher verzichtet. Trotzdem haben die Menschen Lust auf einen guten Cocktail.
Für uns hinter der Bar ist das eine große Herausforderung — aber macht auch viel mehr Spaß.
Welche Trends glauben Sie jetzt schon für die Zukunft voraussagen zu können?
Der Gesundheitstrend wird anhalten.
Es gibt alkoholfreien „Sekt” und ähnliche Sachen. In Amerika gibt es sogar komplett alkoholfreie Liquor-Stores. So weit wird es zwar bei uns nie kommen, weil der Markt doch zu klein ist, aber in eine ähnliche Richtung kann es schon gehen. Einige Getränke werden Hochphasen erleben.
Tequila Mezcal ist gerade hoch im Kurs. Ich glaube aber, dass auch Vodka eine wichtige Rolle spielen wird.
Was mir sonst noch aufgefallen ist: Margeritas und andere bereits ausrangiert geglaubte Drinks erleben ein Revival.
Wie gehen Sie mit der doch recht bunten Klientel um, die in Bars anzutreffen ist?
Tatsächlich ist gerade bei uns im Stanglwirt alles zwischen 5 und 85 zu finden. Naja, man steigt im Idealfall mit einem gewissen Grundgespür für Menschen in den Beruf ein und lernt mit der Zeit immer mehr dazu. Ich weiß, ob jemand nur einen Tee haben will oder er was zu feiern hat, ob man sich über Whiskey unterhalten kann, was man ganz einfach zu erwarten hat.
Meinen Mitarbeitern sage ich immer, dass das Wichtigste ist, mit den Menschen zu reden.
Mit der Zeit lernt man die Feinheiten der Kommunikation immer besser kennen.
Es gibt so unterschiedliche Menschen und alle können bei uns als Kunden auftauchen und unser Job ist, sie alle mit der gleichen Wertschätzung und dem gleichen Respekt zu behandeln.
Eine etwas abgedroschene Frage, aber: Was mögen Sie an ihrem Job am liebsten?
Die Bar ist eine eigene Welt.
Wenn andere aufhören zu arbeiten, fangen wir an. Man muss das aber lieben. Wenn man das tut, hat man einen sehr coolen Arbeitsplatz.
Ich bin mit dem Posten hier im Stanglwirt natürlich gesegnet, weil wir teilweise sehr berühmte Menschen zu Besuch haben. Da ich keinen Fernseher habe, weiß ich zum Teil gar nicht, wer da bei mir gerade den Drink bestellt. Das sagen mir entweder die Mitarbeiter oder ich erkenne sie später in der Zeitung wieder.
Ich pflege aber einen sehr niederschwelligen Zugang zu den Gästen. Ich rede mit ihnen und habe meine Fähigkeiten in der Hinsicht austariert.
Ich habe tatsächlich schon Jobangebote von sehr erfolgreichen Menschen bekommen. Die meinten nämlich, dass Barkeeper Fähigkeiten haben, die bei anderen über Jahre geschult werden müssten.
Ich habe aber alle freundlich und ruhigen Gewissens ausgeschlagen.
Denn ich liebe meine Arbeit hier.
Zur Person: Bernd Staber ist Barchef im Stanglwirt. Der gebürtige Burgenländer startete seine Karriere in einem 5-Sterne-Haus in seiner Heimat und kam unter anderem über London und Schottland nach Tirol.
© Das Interview führte: Haris Kovacevicyr