Rare Geschmackssache

Eine seltene Spezialität hat der Thomahof im steirischen Salzkammergut zu bieten: An zwei Tagen in der Woche wird frische Leber serviert.

Text & Bild: Michael Rathmayr

Leber wird im Thomahof immer nur dienstags und mittwochs gekocht. Weil nämlich der Montag beim Fleischhauer Aichinger im benachbarten Bad Mitterndorf Schlachttag ist – und die rar gewordene Spezialität im Gasthaus der Grubers nur ganz frisch auf den Teller kommt: zart gewürzt, kurz scharf angebraten, mit Röstkartoffeln und -zwiebeln, Apfelscheiben, Tomaten und einem Klecks Knoblauchsauce. Variante zwei, bei der Stammkundschaft nicht minder beliebt: gebacken, mit Petersilkartoffeln. Beides Gerichte, die nicht bei allen Carnivor:innen für Jubelsprünge sorgen. Aber Freund:innen der Innerei werden hier im Thomahof mit Sicherheit ihr kulinarisches Glück finden.

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Stammgericht

Silke Gruber kann selbst nicht genau sagen, seit wann das „Leberessen“ im Thomahof schon Tradition ist. 1971 haben ihre Schwiegereltern Katharina und Alfred Gruber den im 15. Jahrhundert erbauten Hof gekauft, das historische Wirtshaus seitdem wieder als Gastbetrieb geführt. Das Gebäude diente ehemals als Vorspann- und Zukehrwirtshaus für Fuhrleute, unterhalb des mächtigen Grimming an der alten Salz- und Poststraße von Aussee über Mitterndorf und Klachau hinunter ins Ennstal gelegen.

Seit bald 30 Jahren ist Silke Gruber am Thomahof, schon damals waren die beiden „Leber-Tage“ ein wöchentlicher Fixstern. Gruber hat erst im Service gearbeitet, später, während der Schwangerschaft, hat sie in die Küche gewechselt. 2001 haben sie und ihr Mann Roman Gruber den Betrieb dann von seinen Eltern übernommen. Roman schmeißt den Service, Tochter Sophia, 21 Jahre, hat zu Hause gelernt und arbeitet ebenso voll im Betrieb mit.

Der Thomahof ist im engsten Sinne ein Familienbetrieb – die drei Grubers teilen die komplette Arbeit im Wirtshaus, das bis zu 90 Gästen Platz bietet, unter sich auf. Nur wenn es bei Taufen, Hochzeiten und anderen Feiern zu steil wird, helfen Silke Grubers Schwestern schon einmal mit. Sonntag bis Donnerstag ist geöffnet. „Den Freitag brauchen wir als Betriebstag, zum Bestellen, Einkaufen und was immer sonst ansteht“, sagt Silke Gruber. „Am Samstag sind wir dann gleich weg, oft zum Skifahren oder Wandern – bevor uns zu Hause doch noch etwas zum Arbeiten einfällt.“

„Bei uns wissen viele Gäste beim Reinkommen schon, was sie bestellen werden.“, Silke Gruber

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Brauchtum

„Bei uns wissen viele beim Reinkommen schon, was sie bestellen werden“, erzählt Silke Gruber von den Stammgästen. Natürlich kämen hierher, so nahe an Schladming, Bad Aussee, Gesäuse, auch viele Tourist:innen, denen der Thomahof empfohlen wurde. Ein guter Mix sei das, der so entstehe. Immer donnerstags gibt es Steirisches Backhendl, noch so ein Klassiker im Thomahof. Ansonsten werden sehr feine, typische Wirtshausspeisen gekocht: Schnitzel, Cordon bleu, Fisch, Spätzle, Strudel und vieles mehr.

Wer sich in den Stuben etwas näher umschaut, der entdeckt neben Jagdtrophäen an den Wänden auch eine ausgeprägte gestalterische Vorliebe für geschnitzte Figuren und Masken. Bei Voranmeldung oder freundlicher Nachfrage öffnet Roman Gruber gerne die Türen zum in dieser Hinsicht weiterführenden „Nikolomuseum“ in der Dachkammer des Hauses: Mehr als 90 Holzmaskenunikate, viele von seinem verstorbenen Vater Alfred Gruber in der ebenfalls zu besichtigenden Werkstatt geschnitzt, dazu die überlebensgroßen, ausgestellten Strohfiguren, „Schabe“. Das alles kommt jährlich am 5. Dezember beim Tauplitzer Nikolospiel zum brauchtümlichen Einsatz, dessen Geschichte bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Am Thomahof hat offenbar nicht nur das Leberessen Tradition.

Gasthof Thomahof

1620 erstmals urkundlich erwähnt, war der unterhalb des Grimming gelegene historische Hof ehemals Vorspann- und Zukehrwirtshaus für Fuhrleute entlang der alten Salz- und Poststraße. Bis 1929 wurde der Betrieb von Familie Vasold über viele Generationen hinweg als Gasthof geführt. Zwischen 1929 und 1971 war das Haus im Besitz des Braunviehverbandes Steiermark. Dann übernahm Familie Gruber – seitdem wird der Hof mit seinen schönen Stuben wieder als Wirtshaus geführt. Immer dienstags und mittwochs wird feinste Leber, frisch vom Metzger, gekocht.

© Michael Rathmayr

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