Gute Servicekräfte sind rar. Dabei könnte man meinen, dass es doch gar nicht viel braucht, um den Gästen eine angenehme Zeit zu bereiten. Worauf es tatsächlich ankommt, weiß Stephanie Lerch, Service-Lehrerin an der Villa Blanka in Innsbruck.

 

Text: Wiebke Hammling

Eine gepflegte Uniform mit Gilet und Krawatte, unaufdringliche Präsenz und serviert wird stets von rechts. So kennt man die Kellner von früher – natürlich vorwiegend Männer. Doch nicht nur die Bezeichnung, auch die Arbeit einer Servicekraft hat sich inzwischen verändert. Das könnte zum einen an den heutigen Gastronomiekonzepten – hip, jung, lockere Atmosphäre – und zum anderen am schwindenden Personal liegen. „Der Mann meiner Oma war für mich der Inbegriff eines Kellners. Nicht nur wegen seines Auftretens, sondern auch, weil er sich noch richtig Zeit für seine Gäste genommen hat“, erinnert sich Stephanie Lerch. Sie stammt aus einer Gastronomiefamilie und bildet seit vielen Jahren die Schülerinnen und Schüler an der Villa Blanka im Service aus.

Zeit sei heute jedoch das, was vielen Servicekräften fehle. „Durch den Personalmangel schauen viele Betriebe nur noch darauf, dass der Teller herauskommt. Es geht aber um mehr, als einen Teller hinzustellen. Nämlich den Gästen die bestmögliche Zeit zu schenken“, betont Lerch. Die Leidenschaft für den Beruf gehe gerade im Service immer mehr verloren. „Dabei muss man dem Gast den Teller doch auch verkaufen. Wenn zum Beispiel die Küche etwas falsch macht, hat der Service immer die Möglichkeit, es wieder zu richten – oder eben schlimmer zu machen.“

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Die Basics

An der Villa Blanka lernen die Schülerinnen und Schüler die Arbeit am Gast noch von der Pike auf. Außerhalb der Schule habe Stephanie Lerch jedoch weniger hohe Erwartungen: „Ich finde es wichtig, bei den Betrieben auch zu unterscheiden. In einem Studentenlokal herrscht eine andere Atmosphäre als in einem gehobenen Restaurant. Und dazu sollte der Service dann auch passen.“ Es gebe jedoch einige Basics, die überall stimmen sollten. Allen voran Freundlichkeit, Höflichkeit und ein respektvoller Umgang mit jedem Gast. „Das sind persönliche Eigenschaften, die ich in diesem Beruf einfach voraussetze“, so die Ausbilderin.

Ob ein Teller von rechts oder von links gereicht wird, sei ihr hingegen gar nicht so wichtig. „Auf so etwas achte ich nur in gehobenen Häusern und natürlich bei meinen Schülerinnen und Schülern.“ Beim Servieren der Getränke schaue Lerch dafür ganz genau hin. „Wenn man mir ein Glas falsch serviert, lasse ich es aus hygienischen Gründen zurückgehen.“ Fachlich korrekt wird ein Glas am unteren Rand angefasst. Viele Servicekräfte berühren beim Servieren aber den oberen Rand. „Also den Bereich, an den ich mit meinem Mund gehe. Möglicherweise wurden bereits Gläser von anderen Gästen auf dieselbe Weise abgeräumt. Alles, was sich bis zum nächsten Waschen also an den Händen sammelt, landet an meinem Glas beziehungsweise Mund“, führt Lerch aus.

Wie man also ein Glas anfasst, sei ein hygienischer Aspekt und die Hygiene müsse einfach stimmen – auch äußerlich. „Wir arbeiten mit unseren Händen direkt am Gast. Jede Servicekraft sollte daher auf saubere und gepflegte Finger und Nägel achten“, betont Lerch. Genauso wichtig seien gewaschene Haare und eine angemessene Körperhygiene. Angemessen, weil auch zu viel des Guten negativ auffallen könne. „Wenn ich also Parfum verwende, sollte es nicht zu dominant sein. Die Gäste möchten schließlich das Essen riechen und nicht mich. Als gute Servicekraft sollte man nie die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.“

Kleider machen Leute

Die klassischen Uniformen braucht es heute in den meisten Betrieben zwar nicht mehr, aber sie haben durchaus noch ihre Daseinsberechtigung. Denn das einheitliche Auftreten stärke nicht nur das Teamgefühl, sondern es erleichtere dem Gast auch die Suche nach einer Ansprechperson. „Außerdem zeigt man damit, dass man sich für seine Arbeit etwas Frisches angezogen hat. Im Lebensmittelkontext hat das für mich auch wieder etwas mit Hygiene zu tun. Eine Krankenschwester geht ja auch nicht mit ihrer Straßenkleidung zur Arbeit“, so die Ausbilderin. Es müsse aber nicht der teure Dreiteiler samt Krawatte sein, es reiche beispielsweise auch ein einheitliches Shirt und eine schwarze Hose. „Hauptsache es wird klar, dass es eine Vorgabe gibt.“

Dos and don’ts

Da inzwischen immer mehr Ungelernte im Service tätig sind, gingen natürlich auch fachliche Handgriffe verloren. „Das Erste, was ich zum Beispiel mache, wenn ich eine Weinflasche öffne, ist am Korken zu riechen, um zu prüfen, ob der Wein noch gut ist. Das sehe ich tatsächlich immer seltener. Aber das weiß man ja auch nur, wenn man vom Fach ist“, erzählt Lerch. Ein echtes Do sei hingegen das Tablett: „Im Service tragen wir ein Glas niemals ohne Tablett – ob beim Servieren oder Abräumen. Denn wenn ich ein Glas hygienisch korrekt servieren will, kann ich ja maximal zwei tragen.“

Zeitmanagement sei auch so eine Sache, mit der ein Service steht und fällt. „Gäste wollen wahrgenommen werden, wenn sie in ein Lokal kommen. Wenn man gerade keine Zeit hat, sollte man daher zumindest kurz signalisieren, dass man gleich da ist“, erklärt die Expertin. „Und nach Möglichkeit nicht noch in Ruhe die Spülmaschine ausräumen, während die Gäste warten.“

Den Gast wahrnehmen heiße auch, sich zu merken, wer was bestellt hat – insbesondere bei einem Zweiertisch. „Und wenn ich es mir nicht merken kann, weil ich viele Tische bediene, dann schreibe ich es mir auf. Das ist für mich Respekt vorm Gast und lediglich eine Frage des Wollens“, so Lerch. 

Das Um und Auf

Neben diesen Basics sei es aber vor allem die Fähigkeit, zu erkennen, was der Gast gerade braucht, ohne ständig nachzufragen. Wie man das lernen kann? „Beobachten. Ich frage meine Schülerinnen und Schüler immer, was wir die nächsten vier Jahre machen, denn Teller hinstellen können wir. Wir verbringen also tatsächlich sehr viel Zeit mit Wiederholungen, um Dinge zu verinnerlichen, und Beobachten. Nur so kann man lernen, Menschen zu lesen“, erläutert die Ausbilderin. Damals bei ihrem Vater im Lokal sei es Pflicht gewesen, nach zwei Zigaretten den Aschenbecher zu tauschen. „Nicht weil der Aschenbecher dann schon voll war, sondern weil wir so für die Gäste immer präsent waren und ihnen die Möglichkeit boten, einen Wunsch zu äußern.“

Dass inzwischen viele Betriebe auf Quereinsteiger angewiesen sind, müsse kein Hindernis für einen guten Service sein. „Wenn man wirklich will, kann jeder diese Basics lernen. Bei internen Schulungen können zum Beispiel Fachkräfte ihr Wissen an die Ungelernten weitergeben“, empfiehlt Lerch. Außerdem laufe jeder Betrieb ein wenig anders und über interne Schulungen könne man darauf viel besser den Fokus legen. „Es soll ja schließlich auch gar nicht überall gleich sein.“ Entlohnung und Arbeitszeiten müssten aber dennoch fair sein. Sonst wird es vermutlich auch für die besten Betriebe irgendwann schwierig, gute Leute zu finden.

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Zur Person

Stephanie Lerch unterrichtet seit 2010 im Fach Service an der Villa Blanka in Innsbruck. Sie selbst hat dort die Ausbildung zur Tourismuskauffrau abgeschlossen und daraufhin verschiedene Praktika in New York, England und Irland absolviert. Ehe es für sie als Lehrkraft zurück an die Villa Blanka ging, studierte Lerch BWL und arbeitete in der Weinbar ihres Onkels.

 

© Franz Oss

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