Mensen genießen vielerorts nicht den besten Ruf. Das wollen Norbert Wild und sein Team in der Uni Lounge Innsbruck ändern – mit Pfandsystem, Zero-Waste-Projekten, fleischloser Küche und coolem Ambiente.
Text: Wiebke Hammling
Uni Lounge – weder der Name noch das Interieur der Gastronomie im Ágnes-Heller-Haus der Universität Innsbruck lassen darauf schließen, dass es sich hier um eine klassische Mensa handelt. Es gibt eine Bar, die genauso auch in einem hippen Lokal stehen könnte. Der Kaffee kommt aus einer Siebträgermaschine anstatt aus dem Vollautomaten. Und auf der gemütlichen Terrasse wird Aperol Spritz serviert. „Trotzdem sind wir natürlich eine Mensa, denn die Mensa ist der Ort an einer Hochschule, wo sich die Leute zum Essen treffen. Und zu Stoßzeiten gehen hier zwischen 500 und 700 Mittagessen hinaus“, erzählt Norbert Wild, Geschäftsführer der Universität Innsbruck Gastronomiebetriebe GmbH, kurz UniGast.
Maßgeschneidert
Um mehr Zugriff auf die Art und Weise der gastronomischen Betriebsführung zu haben, gründete die Uni Innsbruck im April 2022 ihr eigenes Unternehmen. „Ich fand das von Anfang an sehr spannend, denn so konnten wir nicht nur ein maßgeschneidertes Konzept für die Uni Innsbruck entwickeln, sondern auch für ihre einzelnen Standorte“, erläutert Wild. Die UniGast betreibt neben der Uni Lounge das Tech Café am Campus Technik und das USI Café am Campus Sport. „Wir haben schnell festgestellt, dass an jedem Standort unterschiedliche Anforderungen an die Gastronomie gestellt werden. Die Gäste haben häufig nur sehr kurze Pausen und dementsprechend müssen wir Angebote und Öffnungszeiten anpassen.“
Auf dem Speiseplan
An der Uni Lounge sei schon im Vorhinein durch Befragungen der Studierenden und Mitarbeitenden klar geworden, wo die Reise hingehen soll: weniger Fleisch, vital, nachhaltig. „Bei den Studierenden lag die Betonung auf fleischloser Küche und die Verwaltungsmitarbeitenden haben sich vor allem leichte Küche gewünscht. Da war für uns die Richtung klar“, so Wild, der bereits in die Planung involviert war. Auf dem Mittagsplan stehen nun meist fünf Gerichte, davon ist eins vegan, eins mit Fleisch, der Rest vegetarisch. „Dass wir vorzugsweise ohne Fleisch kochen, kommt uns auch in Sachen Wirtschaftlichkeit zugute. Denn Fleisch ist einfach ein teures Produkt und die Herkunft beziehungsweise Art der Tierhaltung sind für uns nicht immer nachvollziehbar. Und wenn die Nachfrage nach Fleisch nicht so groß ist, wollen wir dies auch nicht forcieren.“ Zudem wolle man die Themen Nachhaltigkeit und Tierwohl noch weiter ausbauen und Letzteres ginge eigentlich nur, wenn man erst gar kein Tier verarbeite.
Zur Person
Norbert Wild war lange Zeit bei der Österreichische Mensen Betriebsgesellschaft tätig, die auch für die Mensa der Universität Innsbruck zuständig war. Als er von der Zentrale in Wien in einen Betrieb in Innsbruck wechselte, gab es bereits Tendenzen, die Gastronomie in der Uni anderweitig zu verpachten, um ein neues Konzept umzusetzen. Wegen seiner Expertise wandte sich die Universität Innsbruck während der Projektplanung an Wild, was schließlich dazu führte, dass ihm die Geschäftsführung der UniGast übertragen wurde.
Konzept Nachhaltigkeit
Auch Einweggeschirr wollte man von Anfang an vermeiden. Darum gibt es in der Uni Lounge ausschließlich Pfandgeschirr, Glas- statt PET-Flaschen und keine Einweg-to-go-Becher oder Take-away- Verpackungen. „Für alle, die ihren Kaffee gern mitnehmen wollen, haben wir aber einen Kunststoffbecher, der gegen Pfand wieder retour kommen soll“, erklärt Wild.
Weil Nachhaltigkeit viele Ansatzpunkte hat, wurden bereits bei der Entwicklung des Konzepts Klimaexperten der Uni hinzugezogen. „Welche Produkte wollen wir beziehen? Wo kommen diese her? Oder was geschieht mit den Lebensmitteln, die übrig bleiben? Solche und andere Fragen müssen wir durchspielen, wenn wir ein nachhaltiger Betrieb sein wollen“, so der Geschäftsführer. Das erste große Ziel sei nun, eine Zero-Waste-Policy umzusetzen. Das heißt, sowohl bei der Produktion der Gerichte als auch nach dem Essen möglichst wenig Lebensmittelabfälle zu haben. „Eine Idee, um das zu erreichen, ist unser Nachhaltigkeitsteller. Dort werden Speisen, die am Vortag übrig geblieben sind, noch einmal so aufbereitet, dass sie schmecken und nach etwas aussehen. Und das Ganze gibt es dann zu einem vergünstigten Preis.“ Dies sei aber nur der Anfang.
Um Lieferwege möglichst kurz zu halten, setzen Wild und sein Team vorwiegend auf regionale Lieferanten, die wiederum regionale Zulieferer forcieren. „Nichtsdestotrotz muss ein Produkt immer geliefert werden. Und manche Dinge, wie etwa Schweinefleisch, gibt es einfach in den Mengen nicht in Tirol“, erläutert Wild und nennt folgendes Beispiel: „Wir haben einen Händler mit Sitz in Hall, der die Frischware meist aus Thaur bezieht. Wenn wir aber im Dezember Tomaten brauchen, ist das relativ schwierig, diese aus Thaur zu bekommen. Und dann können wir nicht sagen, es gibt nur noch Karotten.“ Es gebe also keine hundertprozentige Steuerung, Erdbeeren im Dezember aus Peru gebe es aber garantiert nicht. Stattdessen werde so viel wie möglich in Bioqualität bezogen.
Um sich stetig weiterzuentwickeln, hat die UniGast den Klimalunch ins Leben gerufen. Mit dabei sind neben Norbert Wild und Team die Vizerektorin für Nachhaltigkeit, das Green Office sowie zwei Experten für Klima und Ernährung. Beim Mittagessen wolle man sich in regelmäßigen Abständen darüber austauschen, was die Gastrobetriebe an der Uni verbessern können.
Treffpunkt
Zum Mittagessen ist die Uni Lounge wie andere Mensen auch am höchsten frequentiert. Wild und sein Team bieten jedoch auch außerhalb dieser Stoßzeit Snacks und Getränke an. „Ziel war es, einen Treffpunkt für die Studierenden und Mitarbeitenden der Uni zu schaffen – einen Ort, wo man auch mal bei einem Drink den Tag ausklingen lässt. Anfangs habe ich tatsächlich nicht einschätzen können, wie wichtig das für die Leute ist“, erzählt der Geschäftsführer. Sowohl die Terrasse als auch die Bar laden gerade im Sommer dazu ein, noch ein wenig am Campus zu verweilen. „Viele sind froh, dass sie hier dann auch mal Menschen in entspannter Atmosphäre treffen, die sie sonst nur in Besprechungen sehen.“
Gerade die Hochschule ist der perfekte Ort, um zukunftsorientierte Projekte umzusetzen. Doch obwohl schon vieles in die richtige Richtung gehe, sei auch in der Uni Lounge noch Luft nach oben. „Wir bekommen immer wieder Tipps, was wir noch verbessern könnten. Und unser Ziel ist, dass unser Betrieb alle Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeitenden und Studierenden abgedeckt.“
© Franz Oss