Eva-Maria Kerber war zwei Jahrzehnte lang Lehrerin – bis sie die Tafel gegen die Eistheke getauscht hat. Ihre ehemaligen Schülerinnen und Schüler besuchen sie regelmäßig in ihrer neuen Eisdiele in Reutte – aber nicht nur die.
Text: Anna Kirchgatterer
Zum Abschied haben alle in ihren Klassen einen Eisgutschein bekommen. „Die Schülerinnen und Schüler kommen sehr gern vorbei, wir haben nach wie vor ein nettes Verhältnis“, erzählt die ehemalige Lehrerin. Ungezwungener sei der Umgang jetzt definitiv. „Wir sind nicht mehr per Sie, es ist lockerer und die Kinder sind offener. Es ist ja Freizeit, wenn sie mich besuchen kommen.“
Das Risiko hat sich gelohnt
Zwar war der Wunsch nach Selbstständigkeit schon immer da, leicht ist Kerber die Entscheidung, den Lehrberuf an den Nagel zu hängen, aber trotzdem nicht gefallen. „Ich hatte einen fixen Job mit sicherem Einkommen und viel Freizeit. Da habe ich mir am Anfang schon gedacht: Mache ich das Richtige? Kommt genug wieder herein, damit sich alles ausgeht?“ Auch die Frage, ob eine zweite Eisdiele in Reutte erfolgreich sein könnte, beschäftigte Kerber im Vorfeld.
Aber das Risiko hat sich gelohnt – mit der ersten Saison ist die Eismacherin definitiv zufrieden. Das gute Wetter hat ihr in die Hände gespielt, findet Kerber. Und: „Die Leute legen auch Wert auf die Qualität. Und dadurch, dass wir ein kleines Team sind, kann jeder genau sagen, woraus das Eis gemacht ist, und das schätzen die Kunden sehr.“
"Wir sind nicht mehr per Sie,
es ist locker und die Kinder sind offener.
Es ist ja Freizeit, wenn sie mich besuchen kommen "
Eva-Maria Kerber
Eva’s Eisdeal – so hat sie das Geschäft genannt – fordert aber auch seine Zeit. Der erste Sommer war für Kerber intensiv und ihre Tage waren lang. Schon um 5 Uhr früh beginnt sie normalerweise mit der Produktion der Eiscreme. Um die zehn verschiedene Sorten der schmelzenden Köstlichkeit kommen täglich in die Vitrine, da braucht die Herstellung schon ein bisschen Zeit. „Um 13 Uhr sperre ich den Laden auf, dann habe ich in der Vorsaison bis 18 Uhr offen und im Sommer wird es schon 20 Uhr, bis ich zusperren kann. Es ist immer ziemlich viel los“, beschreibt die Eisproduzentin ihren Alltag. Nach Ladenschluss muss alles geputzt und aufgeräumt werden, da wird es schon mal halb 10. Aber Kerber betont: „Mir macht es Spaß und darum achte ich da jetzt nicht so auf die Stunden.“
Vom Kochkurs zur Eisdiele
Im Jänner und Feber ist die Eisdiele geschlossen, da könne man dann ohnehin wieder Kräfte sammeln. Und im Herbst? „Da gab es zusätzlich Glühwein, Punsch und Kiachln.“ Auch Weihnachtsgebäck konnte man bestellen und am Adventmarkt in Reutte war Kerber ebenso vertreten. Zusätzlich bietet sie noch Caterings an. „Die Süßspeisen und Kuchen finden großen Anklang, zusätzlich habe ich noch eine mobile Eisvitrine für Geburtstage und andere Anlässe. Das wird gut angenommen.“ Langweilig wird der Reuttener Eisdielenbesitzerin also nicht.
Dass es eine Eisdiele wird, war nicht immer klar. „Vor ein paar Jahren hatte ich eine kleine Kochschule, ich habe nebenher abends Kochkurse gegeben zu verschiedenen Themen.“ Damals habe sich die Lehrerin für die Fächer Ernährung und Haushalt, Werken und Deutsch aber noch nicht getraut, sich ganz selbstständig zu machen. „Da war die Sicherheit wichtiger und vielleicht auch meine Kinder noch ein bisschen zu klein dafür.“
"Eigentlich bin ich jetzt genau da wo ich hinwill und was mir Spaß macht und was mich erfüllt."
Eva-Maria Kerber
Eiskaltes handgemacht
Kraft tankt Andrea Luttinger-Burger in ihrer Freizeit gerne draußen. Mit Hund Bruno und Mann Andreas ist sie an ihren freien Tagen viel in der Natur unterwegs. Auch die Arbeit im eigenen Garten gehört zu den Hobbys der Abteilungsleiterin. Zwischendrin darf aber auch mal entspannt werden. Nach einem stressigen Arbeitstag lümmelt sie auch gerne auf dem Sofa bei einem guten Film herum.
Kein Blick zurück
Zurück ins Klassenzimmer blickt Kerber heute nicht mehr. Zwar hat ihr der Lehrberuf immer gefallen, aber „eigentlich bin ich jetzt genau da, wo ich hinwill. Ich mache das, was mir Spaß macht und was mich erfüllt.“ Die Schule habe sich sehr verändert in den letzten Jahren, der Unterricht und das Kind kommen mittlerweile zu kurz, findet sie. Aus der Zeit als Lehrerin habe sie aber sicherlich auch etwas mitgenommen: vor allem ein Gespür für die Leute.
Und was steht für die Zukunft an? „Ich bin hin- und hergerissen ob ich vergrößern soll oder so bleiben möchte“, überlegt Kerber noch. Vielleicht will sie einen fixen Mitarbeiter engagieren, derzeit betreibt sich die Eisdiele nur mit Aushilfen und der Unterstützung der Familie. Ansonsten können die nächsten Saisonen bei Eva’s Eisdeal gerne so weitergehen wie bisher.
Jeden Tag füllt Kerber die Eisvitrine mit zehn verschiedenen Sorten,
besonders gerne wird das Eis in der Hubble-Waffel gegessen.
© Franz Oss, Eva-Maria Kerber, www.shutterstock.com