Michaela Hysek-Unterweger

Die Tiroler Früchteküche verarbeitet seit mehr als 90 Jahren regionale Obstsorten zu Marmeladen, Sirupen, Gelees und mehr. Beliefert werden Groß- und Supermärkte, aber auch Bäckereien und Konditoreien – deren Wünsche und Ansprüche mit individuellen Rezepturen erfüllt werden.

Text: Lisa Scharzenauer

Angefangen hat alles mit Preiselbeeren: „Die Tiroler Früchteküche wurde eher zufällig gegründet, weil Leute aus der Umgebung Preiselbeeren vorbeigebracht haben“, erzählt Michaela Hysek-Unterweger, die das Osttiroler Familienunternehmen in dritter Generation führt. Um die große Menge an Früchte haltbar zu machen, haben ihr Urgroßvater – der eine Latschenölbrennerei führte – und ihr Großvater – ein gelernter Konservenmacher – mit der Produktion von Preiselbeermarmelade begonnen. Kurz darauf folgte eine Anfrage für eine Mehrfruchtmarmelade, der Rest ist (Firmen-)Geschichte.

Heute produziert die Tiroler Früchteküche an zwei Standorten alles, was aus Obst hergestellt werden kann: Neben Marmeladen, Gelees, Röstern und Sirupen beispielsweise auch Mostarda-Variationen, die perfekt mit Käse harmonieren, und traditionelle Produkte wie Rumtopf und Hollersulze. „Wir haben zusammen mit Köchen auch eine Linie mit ätherischen Ölen entwickelt, weil die mit der Frage auf uns zugekommen sind, wie sie diesen Zirben- oder Latschengeschmack in ihre Gerichte bekommen können“, erzählt die Geschäftsführerin. „Da haben wir ein bisschen herumexperimentiert und eine Fruchtöllinie entwickelt, die zum Beispiel zum Marinieren von Käse und Fleisch verwendet werden kann.“

Marmelade nach Wunsch​

Diese Bereitschaft, zu experimentieren und auf Kundenwünsche einzugehen, unterscheide die Tiroler Früchteküche auch von anderen Unternehmen mit einem ähnlichen Produktsortiment, sagt Hysek-Unterweger. „Wir sind ein kleiner Produzent, eigentlich mehr Manufaktur als Industrie. Dadurch können wir sehr schnell auf Kundenwünsche eingehen und sind dann auch sehr schnell in der Entwicklung“, erklärt sie. Ab einer Bestellmenge von 600 Kilogramm – so viel fassen die kleinsten Produktionskessel – können Kundenwünsche für individuelle Rezepturen berücksichtigt werden.

Die Zutaten für die Marmeladen bleiben dabei aber immer die gleichen: Obst, Zucker, Zitronensäure oder Zitronensaftkonzentrat und Pektin, bei Plastikgebinden kommt noch ein Konservierungsmittel dazu. „Die Marmelade wird bei uns gleich produziert wie in einem privaten Haushalt, nur sind unsere Kochtöpfe sehr groß“, so Hysek-Unterweger. Durch unterschiedliche Zusammensetzungen und Verarbeitung dieser Grundzutaten können Kundenwünsche umgesetzt werden, die von der Konsistenz der Marmelade bis zur Abfüllmenge variieren: „Manche wünschen sich mehr Fruchtanteil, manche wollen nur Zutaten mit Ursprung Österreich haben, manche brauchen 200-Gramm-Gebinde, andere 13,5-Kilogramm-Gebinde“, erzählt sie. „Bäcker und Konditoren haben zusätzlich gewisse Anforderungen, weil die Marmelade, die man einfrieren kann in einem Gebäck, nicht die gleiche ist wie die, die man auf ein Brot streicht. Und dann geht es natürlich um die Grundsatzfrage: grobe Stücke, kleine Stücke oder fein passiert?“ So komme man alleine bei der Marille auf mehr als 90 verschiedene Rezepturen im Produktionsrepertoire.

Saisonale Schwankungen

Die Marille sei auch das gesamte Jahr über mit Abstand die gefragteste Frucht, betont Hysek-Unterweger. Das liege vor allem daran, dass die Steinfrucht am österreichischen Markt in der Verarbeitung eine sehr wichtige Rolle spiele – nicht nur bei Krapfen, sondern zum Beispiel auch bei Torten wie der Sachertorte. „Die Marille wird schwer eingeholt werden, aber wir sehen schon, was gut in den Gärten gewachsen ist: Hat es eine gute Ribiselernte gegeben, ist die Nachfrage automatisch geringer als in einem schlechten Jahr, und das merkt man bei allen Sorten, auch bei der Marille“, so die Unternehmerin. Bei Preiselbeeren sei dagegen ganz klar, wann sie funktionieren: Hier steige die Nachfrage in der Wildzeit und im Winter. „Da mag man gerne dieses leicht Herbe, während es im Frühling fruchtig sein soll.“

Auch sie selbst habe je nach Jahreszeit andere Vorlieben: „Mein absoluter Favorit ist die Marille – im Sommer der Röster mit 90 Prozent Frucht oder der Fruchtaufstrich mit 70 Prozent Frucht, im Winter mag ich am liebsten die klassische Konfitüre mit 55 Prozent Frucht, da braucht es ein bisschen mehr Substanz“, erzählt sie. Außerdem liebe sie die oft unterschätzte schwarze Ribisel, sowohl als Saft als auch in der Kombination mit Heidelbeere.

Immer frisch

Verarbeitet werden in der Tiroler Früchteküche ausschließlich Obstsorten, die in Österreich heimisch sind. Um die Nachfrage über das gesamte Jahr abdecken zu können, werden aber auch Früchte aus dem europäischen Ausland importiert. Diese werden nicht sofort verkocht, sondern gereinigt, entsteint und beispielsweise durch Tiefkühlen haltbar gemacht, damit auch außerhalb der Erntesaison täglich frische Marmelade gekocht werden kann. „Wir Konsumenten wollen das ganze Jahr über die gleiche Marmelade“, sagt die Geschäftsführerin.

Das betreffe nicht nur den Geschmack und die Qualität, sondern auch die Optik: „Wenn man an die Erdbeermarmelade denkt, die man zu Hause einkocht: Die ist genau dann schön rot, wenn sie frisch ist, und je länger sie steht, umso grauer wird sie“, so Hysek-Unterweger. „Deshalb schauen wir, dass wir wirklich auf Kundenbedarf und mit einem sehr kleinen Lager produzieren, damit immer möglichst frische Ware aus unseren Lagern rausgeht – wir wissen, dass die Produkte dann im Großhandel, im Hotel oder auch bei den Konsumenten zu Hause wahrscheinlich noch länger stehen, bevor sie verbraucht werden.“

Marmelade nach Wunsch​

Meist werden die beiden Bezeichnungen synonym verwendet, aber streng genommen muss man auch im deutschsprachigen Raum zwischen Marmeladen und Konfitüren unterscheiden:

Laut EU-Richtlinie dürfen nur Erzeugnisse aus Zitrusfrüchten als Marmelade bezeichnet werden, Erzeugnisse aus allen anderen Früchten sind – abhängig vom Zucker- und Fruchtgehalt – Konfitüren oder Fruchtaufstriche.

Die Produktion

In der Tiroler Früchteküche werden am Tag ungefähr 25 bis 28 Kessel Marmelade gekocht, die jeweils zwischen 600 und 900 Kilogramm Fassungsvermögen haben und mit Dampf erhitzt werden.

Pro Jahr werden 2.000 Tonnen Zucker und 4.000 Tonnen Obst verarbeitet – im Standort Osttirol hauptsächlich zu Konfitüre und Fruchtaufstrichen, im Standort Burgenland zu Apfelmus, Zwetschgenröster und Konserven.

Das Sortiment

Konfitüren, Fruchtzubereitungen, Röster, Honig und Honignüsse, Sirupe, Mostarda, regionale Spezialitäten wie Hollersulze, Gelees, Zubereitungen mit ätherischen Latschen- und Zirbenölen

Die Marillengemeinde

Der zweite Standort der Tiroler Früchteküche befindet sich im burgenländischen Kittsee, der größten Marillengemeinde Österreichs. Die Marillen werden dort direkt von den Bauern geliefert, gereinigt und so vorbereitet, dass das ganze Jahr über frische Marillenmarmelade gekocht werden kann.

Zur Person

Michaela Hysek-Unterweger ist seit 2010 im Unternehmen und führt die Tiroler Früchteküche in dritter Generation. Seit einem Jahr ist sie alleinige Eigentümerin des 1931 gegründeten Traditionsunternehmens.

Mehr aus der
Welt von eurogast.

Gut bedient
Auf der Suche nach erfolgversprechenden gastronomischen Ideen ist im Tiroler Unterland das Konzept eines mobilen Lokals entstanden. Ob Belebung leer stehender Objekte in Form von Events oder privates Kochen beim Gast – das Wanderlokal ist in jeder Küche zu Hause.
Hoch hinaus
Auf der Suche nach erfolgversprechenden gastronomischen Ideen ist im Tiroler Unterland das Konzept eines mobilen Lokals entstanden. Ob Belebung leer stehender Objekte in Form von Events oder privates Kochen beim Gast – das Wanderlokal ist in jeder Küche zu Hause.
Mensa 2.0
Auf der Suche nach erfolgversprechenden gastronomischen Ideen ist im Tiroler Unterland das Konzept eines mobilen Lokals entstanden. Ob Belebung leer stehender Objekte in Form von Events oder privates Kochen beim Gast – das Wanderlokal ist in jeder Küche zu Hause.
Regionales Schaufenster
Auf der Suche nach erfolgversprechenden gastronomischen Ideen ist im Tiroler Unterland das Konzept eines mobilen Lokals entstanden. Ob Belebung leer stehender Objekte in Form von Events oder privates Kochen beim Gast – das Wanderlokal ist in jeder Küche zu Hause.
Strandbar, naturgeschützt
Auf der Suche nach erfolgversprechenden gastronomischen Ideen ist im Tiroler Unterland das Konzept eines mobilen Lokals entstanden. Ob Belebung leer stehender Objekte in Form von Events oder privates Kochen beim Gast – das Wanderlokal ist in jeder Küche zu Hause.
Genuss im Designstudio
Ob Knödeltradition in der Großstadt oder Hipster-Kaffee auf dem Land – es gibt Gastro-konzepte, die funktionieren, gerade weil sie sich auf ein einzelnes Produkt spezialisiert haben und dieses in originellen Variationen spielen.