Küchenfee

Wenn man mit der Küchenchefin des Goldenen Adlers über ihre kulinarische Welt spricht, hört man vor allem Lob über ihr engagiertes Team. Uns gewährt Madlen Hackl interessante Einblicke in ihre Erfahrungen mit renommierten Hauben-Köchen und exquisiten Michelin-Restaurants.

Text: Ana Rodrigues

Spätestens seit dem Disney-Film „Ratatouille“ kann sich jeder vorstellen, wie hektisch es in einer Küche zugehen kann. Genau diese Geschwindigkeit begeistert die Chefköchin Madlen Hackl. „Ich bin kein Fan von Stillstand. Selbst wenn es gerade nichts zu tun gibt, wird Arbeit gesucht. Dann werden schon mal 300 Knödel vorbereitet“, lacht die Jungköchin und ihre Augen leuchten, wenn sie von ihrer Berufung erzählt. 

Madlen kommt aus einer Gastronomiefamilie. Ihre Eltern legten den Grundstein in den 1980er-Jahren in der Innsbrucker Altstadt, wo sie die Ottoburg gepachtet hatten. Seit fast zwanzig Jahren gehört der Familie das denkmalgeschützte Hotel und Restaurant Goldener Adler, das schon Gäste wie Goethe und Mozart beherbergte. Zudem gehört das Café Maria von Burgund neben dem Goldenen Dachl zum Unternehmen dazu, wo Schwester Katharina verantwortlich ist. Madlens Bruder Thomas führt mittlerweile beide Betriebe und seine Frau Ulli ist die gute Seele an der Rezeption. Madlen Hackl leitet das 15-köpfige Küchenteam und kocht für beide Familienbetriebe à la carte. Während im Goldenen Adler viel Hausmannskost und Traditionelles mit modernem Touch gekocht wird, gibt es im Café Maria von Burgund Kleinigkeiten. „Nichts zu Aufwendiges, aber klein, fein und gut“, beschreibt es die Köchin.

Nach der Ausbildung fängt das Leben erst an

Die Küchenchefin hat die 5-jährige Tourismusschule Villa Blanka absolviert. „Überraschenderweise haben wir drei Geschwister alle die Leidenschaft unserer Eltern übernommen.“ Als 15-Jährige durfte sie im Rahmen ihrer Ausbildung im Sternerestaurant La Grande Cascade in Paris ein Praktikum machen. Das Teamwork, das für ein perfektes Restauranterlebnis notwendig ist, und die Magie der Küche haben Madlen schon damals fasziniert. 

Nicht vermissen wird sie allerdings die lebenden Hummer, die sie dort immer aus dem Keller holen musste. Nach der Matura bekam sie ein Praktikum im Restaurant Le Lion d’Or bei Genf, wo sie dann auch für zwei Jahre blieb. „Es war dort wie eine zweite Lehre“, schwärmt sie. Aber nicht ohne Herausforderungen: die einzige Frau, zwei Küchenchefs, der schroffe Ton. Für Madlen aber alles Dinge, an denen sie wachsen konnte.

"Am Liebsten mag ich an meinem Beruf neben der Kreativität das Teamwork und das Gesicht glücklicher Mitarbeiter und Gäste."
Madlen Hackl

Partnerschaft auf Augenhöhe

Im Restaurant vom Burg Vital Resort Oberlech lernte sie von dem 3-Hauben-Koch Thorsten Probost Tiere im Ganzen zu zerlegen, Nose-to-Tail. Ein Handwerk, das sie auch all ihren Lehrlingen beibringt. „Alle Fleischteile haben eine Bezeichnung. Man muss wissen, wie man sie auseinandernimmt, wie sie aussehen und welche verschiedenen Verwendungs- und Zubereitungsmöglichkeiten es gibt.“ Im Goldenen Adler werden viele Fleischgerichte serviert, da ist es besonders wichtig zu wissen, wo die Produkte herkommen. Deshalb wird in Madlens Küche ausschließlich Fleisch und Fisch aus Österreich serviert. Und es wird besonders Wert darauf gelegt, wo die Produkte herkommen und wie die Tiere gehalten werden. 

Seitdem sie dort 2017 Küchenchefin wurde, hat sie sich einen engen Kreis an Bauern als Lieferanten zusammengesucht. „Des is mir nit zugflogen, es war viel harte Arbeit im Hintergrund. Aber inzwischen habe ich meine Handvoll Bauern, welche mir hoch qualitative Produkte liefern, von Wanderhennen-Eier über Tiroler Kalbl, Kwellsaibling, Naviser Berglamm, Stubaier Wachteln bis zu Höttinger Ziegenkäse.“

Regional & Saisonal

Inspiration für ihre Speisekarte holt sie sich aus den früheren Erfahrungen, aber auch aus alten Kochbüchern ihres Vaters und von ihren Köchen. Beispielsweise habe sie ein Lehrling dazu animiert auch vegane Küche anzubieten. „Seit Juni haben wir immer ein veganes Gericht auf der Tageskarte und versuchen generell alles in Öl statt Butter anzusetzen. So können wir vegetarischen oder veganen Gästen auch immer spontan etwas Besonderes zaubern“, erklärt Madlen. In der kalten Jahreszeit gibt es im Goldenen Adler vor allem Wildgerichte auf der Speisekarte: Hirschragout mit selbstgemachten Butterspätzle und Rotkraut, gedünsteten Hirschbraten mit Schupfnudeln, Tiroler Gamsburger, aber eben auch den Herbstsalat mit Radicchio und Kürbis.

Man müsse offenbleiben, sich weiterentwickeln und sich der Zeit und den neuen Wünschen anpassen. Außerdem kommt auf den Tisch, was die Saison gerade zu bieten hat. „Jetzt sind Salatgurke und Paprika auf dem gemischten Salat verboten. Stattdessen gibt es Rettich, rote Beete und Kürbis“, betont Madlen. Regionale und saisonale Küche sind ihr wichtig. Und auch wenn es in einer Großküche bestimmte Produkte ganzjährig braucht, versucht sie die Speisekarte davon abhängig zu machen, was der Bauer gerade liefern kann. Dabei ist der Köchin klar: „Das ist nicht nur ein Werbefaktor, es ist eine Einstellungssache. Wir wollen am Ende des Tages unseren Gästen ehrliche Produkte am Teller und im Glas anbieten.“

Ausgezeichnet ohne Auszeichnung

Die 30-Jährige hat sich noch nie um eine Auszeichnung bemüht. Es sei sehr viel Druck und Madlen genieße es nach der Arbeit einfach frei haben zu können. Abgesehen davon ist die Küchenchefin die letzten Jahre immer sehr eingespannt gewesen. 2019 wurde nämlich die Küche unter ihrer Leitung umgebaut. „Früher waren alle Küchen in der Altstadt im ersten Stock wegen der Angst vor Hochwasser“, erklärt die Köchin und muss lachen. „Damals waren hier im Parterre Stallungen, deshalb heißt heute noch eine kleine Stube Rossstall. Man findet es noch auf Bildern im Archiv.“ Über Jahrzehnte wurde das Essen per Lift ins Restaurant transportiert und jegliche Kommunikation lief über eine Gegensprechanlage. 

Für die Küchenchefin war es sehr wichtig, die Küche in das Erdgeschoss zu holen. Nur so kann sie direkt mit allen Mitarbeitern im Kontakt sein. „Weil mit Red’n kommen die Leut’ z’samm. Und Blicke können auch ganz viel sagen.“ Madlen und ihrer Familie ist es wichtig, dass alle auf Augenhöhe sind und ihre Mitarbeiter sich wertgeschätzt fühlen. „Sie ist mehr Freundin als Chefin für mich“, erzählt eine von Madlens fünf Lehrlingen.

"Ich bin kein Fan von Stillstand."
Madlen Hackl

Alle lernen alles

„Am liebsten mag ich an meinem Beruf neben der Kreativität das Teamwork und das Gesicht glücklicher Mitarbeiter und Gäste.“ Als Küchenleitung fühlt sich Madlen Hackl oft wie eine Dirigentin. Denn die meiste Zeit arbeitet sie am Küchenpass, wo Bestellungen angenommen und ausgegeben werden. Aber sie annonciert nicht nur: „Natürlich koche ich mit! Ich wasche auch ab und putz den Gulli, wenn notwendig. Ich lebe das ja vor. Und wenn die Chefin solche Arbeiten nicht macht, tun es die anderen auch nicht.“ 

Deshalb habe sich Madlen auch gegen die klassische Küchenbrigade entschieden. In ihrer Küche arbeiten sie und ihr Team im rotierenden Modell. Das bedeutet, dass jeder in der Küche an den verschiedenen Stationen von Salat bis Dessert arbeiten darf. „Am Ende des Tages haben wir die Verantwortung junge Leute auszubilden. Meine Herzensangelegenheit ist es, Wissen an unsere fünf Kochlehrlingen weiterzugeben. Zudem sind wir stolzer ausgezeichneter Lehrbetrieb und fördern unsere zukünftigen Fachkräfte, wo es nur geht.“

Zuhause muss es kein Gourmet sein

Im Hintergrund hört man die Tischglocke läuten und jemanden ruft: „Schnitzel fertig.“ Madlen Hackl richtet sich die Schildkappe mit der Aufschrift „Küchenfee“ und klatscht in die Hände: „Was kochen wir jetzt?“ Ihre Arbeitskollegen hätten sich schon überlegt, Kappen mit dem Schriftzug „Küchenelf“ anfertigen zu lassen. Madlen findet das amüsant. Bei der Frage, ob sie daheim auch koche, muss sie ebenfalls grinsen. „Wenn ich frei habe, ist der Kühlschrank meistens leer. Wir machen uns abends oft nur eine kalte Platte.“ Nur wenn die Köchin Freunde oder Familie einlädt, will sie es genau wissen, dann gibt es immer etwas Gutes. 

Wenn es darum geht, was jetzt schnell und lecker daheim zu kochen möglich ist, empfiehlt Madlen Kürbis im Backofen. Sie nutzt gerne den Hokkaido, weil man bei dieser Sorte auch die Schale mitessen kann. Zuerst einmal den Kürbis in größere Stücke schneiden. Dann gutes Öl, grobes Salz, Rosmarin, Muskatnuss und Kümmel dazugeben und ab in den Ofen. Auf 160 Grad 25 Minuten lang brutzeln lassen und dann mit einem regionalen Ziegenkäse oder Sauerrahm genießen. Et voilà – Mahlzeit!

© Axel Springer

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