Spitzenkoch Richard Rauch über die „Almkulinarik“, seine gelungene Kooperation mit den Hüttenwirt:innen rund um Schladming – und über neue Trends in der Spitzengastronomie und jene Almklassiker, auf die er nicht verzichten will.
„Die unterschiedlichen Begebenheiten auf den Hütten zu berücksichtigen und dabei ein neues kulinarisches Erlebnis zu schaffen, mit dem sich die Hüttenwirte auch wohlfühlen – das reizt mich schon sehr.“
Richard Rauch, Sterne- und Haubenkoch
Der Reiz liegt sicher darin, gemeinsam mit den Hüttenwirt:innen ihre kulinarische Identität zu definieren und zu entwickeln und das Ursprüngliche dann zum Beispiel mit Gewürzen moderner, zugänglicher zu machen. Spannend ist auch, dass jede Hütte natürlich unterschiedlich ist. Die einen kochen noch auf einem Holzofen, haben nur mittags geöffnet, erhalten nur selten Lieferungen oder müssen die Lebensmittel gar selbst transportieren. Andere haben durchgehend geöffnet, haben ein großes Team und eine voll ausgestattete Küche. All diese Dinge zu berücksichtigen und dabei ein kulinarisches Erlebnis zu schaffen, mit dem sich die Hüttenwirt:innen auch wohlfühlen – das reizt mich schon sehr. Inzwischen gibt es da ein großes, wechselseitiges Vertrauen.
Wir betreuen übers Jahr, Sommer und Winter, fast 30 Hütten. Mittlerweile gibt es ein schönes Portfolio: Seit 2019 haben wir gemeinsam über 120 Gerichte gestaltet. Ich gehe natürlich auf die Wirt:innen zu, frage, wo sie sich noch verbessern wollen, wo die Nachfrage am Größten ist. Dann wird ein kreativer Prozess gestartet, in dem wir die Wünsche und Möglichkeiten gut verpacken, dem Ganzen noch einen innovativen, modernen Touch geben.
Manche Hütten sind mutig, wollen internationaler werden. Aber es soll immer spürbar bleiben, dass wir in der Region Schladming-Dachstein sind.
Mit den Hüttenwirt:innen gemeinsam gekocht und entwickelt wird in der Fachschule Gröbming, einmal im Frühjahr und einmal im Herbst. Die Schüler:innen schauen uns dabei über die Schulter, eine schöne Kooperation. Dort kochen wir das vorgeschlagene Gericht gemeinsam, es wird fotografiert, dokumentiert, rezeptiert. Wenn die Hüttenwirt:innen zufrieden sind, bleibt es dabei. Wenn sie sich das so nicht recht vorstellen können, entwickeln wir gemeinsam direkt etwas Neues.
Nein – aber wir sind gut organisiert, haben ein sehr gutes Team im Hintergrund. Und es macht großen Spaß, diese ganzen Faktoren ineinander zu führen, damit man am Ende auch erfolgreich ist. Trautmannsdorf hat 900 Einwohner. Da sind schon verschiedene Parameter wichtig: die Kochschule, das kleine Hotel, Wirtshaus, Restaurant, die Medien. Oder eben Kooperationen wie die „Almkulinarik“ in der großen Urlaubsregion der Österreicher:innen, Schladming-Dachstein. Dort die Steiermark kulinarisch zu präsentieren, vom Dachstein bis zum Rebenland, ist auch ein großer Anreiz.
Weniger ist mehr – das ist sicher ein Trend. Auch ein Weggehen von diesen extrem technik-verrückten Gerichten, hin zu verständlicher Küche.
Die Tradition hochleben lassen, auch die Produktvielfalt durch alte Gemüsesorten und Tierrassen erhöhen. Dazu wird die Transparenz bei Lebensmitteln immer wichtiger. Die Gäste wollen wissen, wo die Lebensmittel herkommen, vorwiegend Produkte aus der Region genießen.
Andere sitzen am Berg und wollen dann einen Wolfsbarsch aus der Bretagne oder Austern – auch das gibt es natürlich, es muss aber nicht sein.
Im besten Fall können wir junge Betriebe dazu animieren, mit dem zu arbeiten und kreativ zu sein, was ihre Region zu bieten hat.
Ein gutes Steirerkasbrot mit ein bisschen Honig obendrauf – diese Kombination aus salzig und süß ist irrsinnig cool. Dann die Fleischkrapfen, das hat für mich eine große Tradition. Und natürlich das „Miasl“, ein sehr typisches Gericht, das vielleicht noch mehr Berechtigung in der Region hat als der Kaiserschmarrn.
Ein Hintergedanke dabei ist, dass die Wirt:innen sich austauschen, netzwerken. Meistens kennen sie sich natürlich, aber die wenigsten haben schon miteinander gekocht. Es ist eine gute Mischung aus Hüttenwirt:innen und Wirtshausköch:innen. Da neue Verbindungen zu schaffen, ist sinnvoll und spannend. Es kommen natürlich viele Einheimische, dazu Urlauber, auch die Produzent:innen.
Diesmal nehme ich auch eine Gemüsebäuerin aus unserer Region mit, die eine große Vielfalt an Gemüsesorten anbaut: Es heißt, die Steiermark sei die kulinarische Schatzkammer Österreichs – da sollten sich auch die Regionen untereinander vernetzen. Es geht um die Lebensmittel, um die Gerichte und deren kulinarische Geschichte. All das soll an diesem Abend spürbar sein, die Gäste immer mittendrin.
2019 startete die Initiative „Almkulinarik“ in der Tourismusregion Schladming-Dachstein. Sterne- und Haubenkoch Richard Rauch entwickelt dabei gemeinsam mit derzeit 16 Hüttenwirt:innen eigene Gerichte. Die individuellen Möglichkeiten auf den Hütten stets im Blick, soll sich auf den Tellern die kulinarische Identität der Almen und jene der Region widerspiegeln, die feine Klinge der Sterneküche liefert die kreative Veredelung.
So wird zum Beispiel auf der Hochwurzen Hütte das Hendlhaxerl in Zirben-Buttermilch eingelegt, die Crème brûlée im „da Sepp“ auf der Planai mit Wiesenkräutern gekocht.
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